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Vom Stadion auf die Couch: Immersiver Live-Sport über das Internet

Ivo Ivanov, CEO von DE-CIX, beleuchtet, warum Streaming das Format der Zukunft für Live-Sportübertragungen ist.

Flexibel pausieren, zurückspulen oder die Highlights auf Knopfdruck noch einmal erleben: Schon heute verfolgen viele Sportfans ihre Lieblingsmannschaft über das Internet. So auch bei der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft oder den Olympischen Sommerspielen. Die großen Streaming-Plattformen haben das Potenzial erkannt und investieren in exklusive Angebote. Doch es kommt nicht nur auf den Inhalt an. Ivo Ivanov, CEO beim Internetknoten-Betreiber DE-CIX, kennt die zusätzlichen Möglichkeiten die das Internet als Übertragungsweg bietet – und weiß, wie die Internet-Infrastruktur auf das Streaming-Angebot der Zukunft vorbereitet werden muss.

Für viele Fans war die diesjährige Fußball-Europameisterschaft (EM) eine Online-EM. Wie eine repräsentative Befragung im Auftrag von DE-CIX zeigt, wollte fast jeder zweite Deutsche das lineare Fernseherlebnis in diesem Sommer um Videostreams ergänzen. Um möglichst wenig vom Turnier zu verpassen, setzten 16 Prozent der Befragten sogar ausschließlich auf entsprechende Dienste und Apps.

Dass immer mehr Sportzuschauer online gehen, ist kein deutsches Phänomen. Auch in den Vereinigten Staaten fiebert fast die Hälfte der Fans online im Livevideo mit – Tendenz steigend. Die großen Streaming-Dienste reagieren auf das Interesse mit exklusiven Angeboten für die Abonnenten. So investiert Netflix beispielsweise in Ausstrahlungsrechte für zwei American Football-Spiele zur reichweitenstarken Weihnachtszeit und Wimbledon-Verfolger brauchen ab diesem Jahr ein Amazon Prime Abo.

Kein Sport ohne Stream

Von der UEFA Champions League über die National Football League bis hin zu Tennis oder Boxkämpfen – fast jeder populäre Sport wird inzwischen gestreamt. Ein Großteil des weltweiten Daten-Traffics geht auf diese Quelle zurück und lässt regelmäßig – auch dank 4K-Qualität als neuem Standard – Rekorde im Datenverkehr purzeln. Nicht anders am DE-CIX Frankfurt, dem größten Internetknoten (IX) Europas, wo das Interesse an großen Sportübertragungen zuletzt die Spitzendatendurchsätze in neue Höhen trieb: Parallel zu den Viertelfinal-Rückspielen der UEFA Champions League im April 2024 flossen erstmals über 17 Terabit pro Sekunde (Tbit/s) an Daten durch die Frankfurter Infrastruktur. Was bedeutet diese Zahl? 17 Terabit pro Sekunde entsprechen 5,7 Millionen Videos in HD-Qualität, die gleichzeitig gestreamt werden. Alle Einwohner von München, Hamburg, Köln, Frankfurt am Main und Stuttgart müssten gleichzeitig einschalten, um diese Datenmenge zu produzieren.

Fest steht: Live-Sport beansprucht die IT-Infrastruktur – und das immer stärker. Nicht nur, weil mehr Menschen in besserer Qualität einschalten, sondern auch, weil wir schon bald mit noch datenintensiveren Formaten rechnen müssen. Dafür müssen wir bereits heute das infrastrukturtechnische Fundament legen. Im Live-Sport der Zukunft kommt es für Zuschauer auf jede Sekunde an. Wer bei einem Match mitfiebert und seine Stars anfeuert, ist mittendrin und live dabei. Egal, ob Sieg oder Niederlage - Emotionen, die der Sport bei seinen Fans auslöst, benötigen blitzschnelle Verbindungen. Verbindungen, wie sie nur Internetknoten möglich machen: Hier tauschen unterschiedliche Netze ihre Daten direkt und ohne Umwege aus.

Immersiv in die Sportzukunft

Streaming bietet schon heute zahlreiche Vorteile im Vergleich zum linearen Fernsehsignal über Satelliten oder Kabel. Fans können nicht nur laufende Partien flexibel pausieren oder besonders spannende Spielmomente auf Wunsch gezielt wiederholen, sondern auch auf unterschiedlichen Geräten zusehen. Egal, ob mit dem Smartphone im Supermarkt, über das Tablet im Park oder bequem zuhause auf dem Smart-TV – Internet-Streams machen es möglich. Wie relevant die jeweiligen Devices sind, zeigt die DE-CIX EM-Befragung: 61 Prozent fieberten online auf dem Smart-TV mit, 34 Prozent auf dem Smartphone und 30 Prozent auf dem Laptop.

Fest steht auch: Der Geräte-Kanon wird sich schon bald ändern. Virtual Reality-Headsets heben das Online-Sporterlebnis auf die nächste, immersive Stufe. Erste Versuche, um das immersive Internet und Sport miteinander zu verbinden, sind bereits gestartet: Beispielsweise möchte Meta ihre Kunden über das eigene Meta-Quest-Headset in die erste Reihe im Stadion setzen. Auch die Deutsche Fußball Liga rechnet mit immer mehr Sportfans, die den Ballsport virtuell erleben möchten. Vollständige Immersion, die einen direkt im Stadion Platz nehmen lässt, ist jedoch nur möglich, wenn die Internet-Infrastruktur darauf eingestellt ist – vom Stadion bis zum Wohnzimmer. Doch hier gibt es noch Nachholbedarf. Das immersive Internet kann ohne schnelle und hoch-performante Verbindungen nicht funktionieren, denn die menschliche Wahrnehmung ist unbestechlich, wenn es um kleinste Verzögerungen geht.

Datenverarbeitung muss Sinneseindrücke synchronisieren

Was heißt das? Während unser Gehirn haptische und visuelle Reize innerhalb von 20 beziehungsweise 13 Millisekunden verarbeitet, nehmen es unsere Ohren sogar noch genauer: Weniger als eine Millisekunde braucht das zentrale Nervensystem, um zu entscheiden, was wir hören. Das bedeutet: Stimmen die Bild- und Tonspur unserer Wahrnehmung nicht überein, ist das nicht nur unangenehm, sondern inakzeptabel. Was daraus für das Streaming folgt: Die Datenverarbeitung muss mit diesen Geschwindigkeiten mithalten und all diese Sinneseindrücke synchronisieren. Jede Abweichung wird vom Nutzer nicht nur sofort bemerkt, sondern vom Körper abgestraft: Wir fühlen uns schwindlig, übel und unwohl.

Blicken wir noch weiter in die Zukunft: Wie fantastisch wäre es, wenn wir selbst auf dem digitalisierten Fußballplatz auflaufen könnten, um beim Doppelpass-Spiel unserer Idole hautnah dabei zu sein? Die Infrastruktur des bisherigen Internets reicht nicht aus, um diese Immersion zu erschaffen. Digitale Verbindungen und die Verarbeitung der Daten müssen optimiert werden, um die vollständige Stadion-Illusion zu schaffen. Neben dem Ausbau von Glasfasernetzen für High-Performance-Internet und mehr Rechenzentren in der Nähe der Nutzer sollten auch die Verbindungen selbst optimiert werden. Etwa, indem sich Netzwerke an IXs zusammenschalten, um so die maximale Effizienz beim Datenaustausch sicherzustellen. Der Traum, einmal selbst mit den Sportstars dieser Welt digital den Rasen zu teilen, setzt eine Performanz voraus, die sich nur auf diese Weise erreichen lässt.

Stabile Verbindungen und perfektes Sportvergnügen dank Internetknoten

Internetknoten spielen für das Streaming eine zunehmend wichtige infrastrukturelle Rolle. Das gilt für Live-Sport, aber auch für jegliche andere Arten von Content. Am IX bilden Netzwerke aller Art digitale Ökosysteme. Durch die direkte Verbindung der einzelnen Netze lässt sich der Datenaustausch optimieren, was Latenzzeiten reduziert, die Leistung verbessert und robustere Konnektivität gewährleistet. Vom Streaming hochauflösenden Contents, über Augmented Reality oder Online-Gaming: Da der Anspruch an die Performanz der Datenübertragung wächst, wächst auch die Bedeutung von Internetknoten innerhalb der modernen Architektur des Internets. Content-Anbieter und Internet Service-Provider sollten sich dessen bewusst sein und sie in die eigene Konnektivitätsstrategie einplanen. Redundante und verteilte Infrastrukturen wie IXs sind resilienter und widerstandsfähiger, was Verbindungen stabilisiert, Ausfälle verhindert und so für ein perfektes Sportvergnügen sorgt.