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5G und 6G: Vernetzt in die Zukunft

Ob in der Medizin, Smart City oder Bauwirtschaft: 5G ist mehr als eine Zutat in Handytarifen. Branchenübergreifend wird der Standard Innovationen vorantreiben und ­– gemeinsam mit 6G – weiter beflügeln. Welche Rolle Internet Exchanges in den Netzen von morgen spielen, um nicht nur in der Landwirtschaft reiche Ernte einzufahren, sondern in jedem einzelnen Anwendungsfall. Ein Beitrag von Dr. Christoph Dietzel, Global Head of Products and Research beim Internetknoten-Betreiber DE-CIX.

Laut Ericsson Mobility Report schreitet die Einführung von 5G in Europa zwar voran, aber sie ist noch lange nicht abgeschlossen. Beispiel Deutschland: Zahlen der Bundesnetzagentur aus dem Oktober 2023 zeigen, dass 90 Prozent des Bundesgebiets erst durch mindestens einen Netzbetreiber versorgt sind – Tendenz steigend. 5G hat seinen Vorgängern als vollständiger Technologiestack einiges voraus. So birgt der Standard vielzählige Möglichkeiten, die sich Software-integriert nutzen lassen, um beispielsweise Dienste zu virtualisieren, Funktionen zu verketten und in Edge-Netzwerken zu betreiben. Schon heute ist absehbar, dass die technologische Weiterentwicklung Ende der 2020er ausläuft und in 6G aufgeht.

5G bietet branchenübergreifend viele Vorteile. Daten lassen sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 20 Gbit/s übertragen – und das zuverlässigerer als mit vorangehenden Mobilfunktechnologien. Zudem kann 5G bis zu 1 Millionen Geräte pro Quadratkilometer versorgen. Und 5G kombiniert unterschiedliche Standards und Funktionen, um die verfügbare Bandbreite besser auszulasten, die Machine-to-Machine-Kommunikation auch in großen Arrays von kleinen Antennen (Massive MIMO) zu optimieren und Daten maximal verlässlich und minimal verzögert zu übertragen (uRLLC). Latenzzeiten von nur 1 Millisekunde prädestinieren 5G für zeitkritische Prozesse wie etwa im vernetzten Krankenwagen: Gesundheitsdienste lassen sich mobil nutzen, Daten live austauschen, um Patient:innen unterwegs besser zu versorgen und zielgerichtet im Krankenhaus weiterzubehandeln. Szenarien wie diese werden die Potenziale von 5G künftig voll ausschöpfen und Produkte, Dienste und Verfahren, bei den es auf jede Sekunde ankommt, revolutionieren.

6G: Mehr Leistung, mehr Funktionen

Obwohl der Technologiestack noch bis Ende des Jahrzehnts aktuell bleibt, diskutiert die Mobilfunkbranche bereits über seinen Nachfolger: 6G soll noch leistungsfähiger werden und mehr Features bieten, um Kapazitäten in Netzwerken effizienter bereitzustellen. Was diese Entwicklung treibt: Zum einen digitale Zwillinge, die Prozesse und Verfahren hochauflösender synchronisieren sollen. Und zum anderen vollkommen neuartige immersive Live-Anwendungen wie etwa Holographic-Type Communication: Menschen werden in virtuellen Welten holografisch miteinander interagieren, was beispielsweise Chancen für die Medizin eröffnet. Darüber hinaus verbessert 6G die Mobilfunkversorgung, indem der Standard unterschiedliche Systeme und Plattformen integriert – egal, ob Antennen am Boden oder Satelliten im Weltraum. Außerdem kann 6G physische Objekte erkennen. Eine Funktion, die für das autonome Fahren prädestiniert ist. Aber: Welche Dienste und Services am Ende in die Standardisierung eingehen, bleibt abzuwarten.

Fest steht ebenso bereits: Was die Technologie- und Forschungsgemeinschaft von 6G erwartet, geht deutlich über das hinaus, was 5G bietet. So ist 6G nicht nur energieeffizienter, sondern laut Capgemini zudem deutlich schneller: Spitzen-Datenraten in Höhe von 1 Tbit/s lassen sich über den Standard realisieren, Latenzzeiten auf 10 bis 100 Mikrosekunden weiter reduzieren, die Versorgungsdichte auf 10 Millionen Geräte pro Quadratkilometer erhöhen und das Funkspektrum fünfmal effizienter ausnutzen. Zentrale Voraussetzung: Um all das umzusetzen, sind Fortschritte etwa in der Terahertz-Technologie, Übertragung von Daten über Lichtwellen (Visible Light Communications) und 3D-Netzwerkarchitektur notwendig.

5G Advanced: Zwischenstufe macht Netze intelligent

Bevor 6G das Licht der Welt erblickt, ist im Jahr 2025 mit 5G Advanced noch eine Zwischenstufe geplant. Bestehende 5G-Funktionen sollen sich damit erweitern und dabei etwa künstlich intelligente Anwendungen in den Funkstandard integrieren lassen. Was Mobilnetze dann smart automatisierbar macht, ist eine zentrale Basis für den kommenden 6G-Technologiestack.

Von der Landstraße über die Autobahn bis in den letzten Winkel jeder Stadt – als Grundlage des autonomen Fahrens wird 5G zum Ende des Jahrzehnts überall verfügbar sein. Gerade mit Blick auf Latenz stellt die Mobilität der Zukunft hohe Anforderungen, damit sich Autos und Menschen sicher, schnell und zuverlässig im Verkehr bewegen. Anforderungen, die sich realisieren lassen, wenn nicht nur immer mehr 5G-Antennen an die Straßenränder rücken, sondern auch immer mehr interkonnektierte Rechenzentren. Warum das notwendig ist: Um eine intelligente Verkehrswelt zu realisieren, müssen sich große Datenmengen echtzeitlich und direkt zwischen Fahrzeugen, städtischer Infrastruktur wie Ampeln, Schranken und Straßenlampen, aber auch Servern und Leitsystemen übertragen und etwa mit Stromnetzen und Nahverkehrsangeboten interkonnektieren lassen.

Mobilfunk von morgen sichert Ernten und Erträge

Aber selbst das ist erst der Anfang: Reale Baustellen lassen sich mit digitalen 3D-Modellen verzahnen, um die Arbeit besser zu planen, zu steuern und zu dokumentieren. Dazu übertragen Kameras und Sensoren Bilder und Daten an die Zentrale. Nicht anders dann, wenn 5G die strukturelle Integrität von Brücken überwacht. Eine Möglichkeit, die zum Standard bei großen Bauprojekten wird. Und selbst bei der Feldarbeit sichert Mobilfunk neuester Generation satte Erträge: Egal, ob Feuchtigkeit, Nährstoffe oder Temperatur – Sensoren überwachen den Boden in Echtzeit, damit Landwirt:innen wässern und düngen optimal können, was die Qualität der Erzeugnisse steigert und den Ertrag sichert. Zudem stehen heute intelligente und autonome Landmaschinen bereit, um den Acker zu bestellen und die Ernte einzufahren – vernetzt und vollautomatisch über 5G.

Beispiele wie diese zeigen: Die Mobilfunktechnologien der Zukunft eröffnen sichere und effiziente Chance für neue Anwendungen. Und das in unterschiedlichen Branchen und im Privatleben. Um die Vorteile auszuschöpfen, gilt es, die dafür notwendige Infrastruktur in den kommenden Jahren aufzubauen. Eine Infrastruktur, die in der Lage ist, große Datenmengen mit hoher Bandbreite und geringer Latenz zu übertragen – und das sowohl drahtlos als auch kabelgebunden, über Antennen, Glasfasernetze und dezentral verteilte Rechenzentren. Egal, ob Mobil-, Fest- und Satellitennetze – damit sich Daten und Informationen zwischen Anwendungen und Clouds austauschen lassen, sind immer mehr Internet Exchanges notwendig. Und das überall auf der Welt. Denn so leistungsfähig wie 5G- oder 6G-Applikationen für sich allein sind, so leistungsstark müssen sie mit den Netzen der Welt interkonnektiert sein. Nicht nur, damit die Vielzahl der mobil verbundenen Geräte ihr volles Potenzial entfalten kann – sondern jeder einzelne vernetzte Anwendungsfall.